In der Stadtverordnetenversammlung am 7.2.2018 wurde das Antwortrecht der AfD-Fraktion sowie das Recht aller Bürger auf korrekte und ungefilterte Information als Antwort auf ihre Fragen schwer missachtet. Der Stadtverordnetenvorsteher Gerd Hibbeler (SPD) verweigerte der AfD-Fraktion das in der Geschäftsordnung der Stvv. Heusenstamm verbriefte Antwortrecht JEDER Fraktion und des Magistrates auf Bürgeranfragen.
Dies ist besonders erstaunlich, da diese Bürgerfragerunde 2017 gerade durch die SPD-geführte Kooperation aus SPD, GRÜNE und FWH eingeführt wurde. Wenn jetzt Bürger die „falschen“ Fragen stellen, oder die „falschen“ Leute antworten wollen, selbst wenn es nur im die Richtigstellung einer falschen Auskunft des Bürgermeisters geht, fühlt man sich anscheinend an die selbst gesetzten Regeln nicht mehr so uneingeschränkt gebunden.
Hier der Protest-Antrag der AfD im Wortlaut:
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Stadtverordnete,
hiermit legen wir Protest gegen die Art der Sitzungsleitung in der Stadtverordnetenversammlung vom 7.2.2018 und beantragen:
- Feststellung von Verstößen gegen die Geschäftsordnung der Stadt Heusenstamm durch den Stadtverordnetenvorsteher Gerd Hibbeler (SPD)
- Feststellung des Verstoßes gegen das Gebot der Unparteilichkeit durch den Stadtverordnetenvorsteher nach HGO § 57 (4)
- Feststellung einer Falschinformation an einen fragenden Bürger durch Bürgermeister Öztas in der Sache „Neuplanung AWO/Horst-Schmidt-Haus, Theodor-Heuss-Str. „
- Feststellung weiterer Mängel in der Sitzungsleitung des Stadtverordnetenvorstehers
- Aussprechen einer Rüge gegenüber den Stadtverordnetenvorsteher mit dem Ziel die Einhaltung der Geschäftsordnung sowie die Unparteilichkeit für die Zukunft zu verbessern und sicherzustellen.
- Einberufung des Ältestenrates in dieser Sache, sowie ggf. Anpassung die Geschäftsordnung durch klärende Sätze.
Im Einzelnen:
1) Rechtswidrige Verweigerung von Antwort der AfD-Fraktion auf Bürgerfragen
Zu Beginn der Stadtverordnetenversammlung nahmen mehrere Bürger das 2017 neu geschaffene Recht wahr, Fragen von allgemeinem Interesse zu stellen, die in die Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung fallen. Nachdem der Stadtverordnetenvorsteher Gerd Hibbeler (SPD) dem Bürgermeister Hali Öztas (ebenfalls SPD) als Vertreter des Magistrats die Möglichkeit zur beantwortet gegeben hatte, wollte auch die AfD-Fraktion von ihrem Recht Gebrauch machen, eine Antwort zu geben, zumal mindestens eine Antwort des Bürgermeisters nachweislich falsch war.
Diese Antwortmöglichkeit sowie Richtigstellung des Fehlers wurde der AfD-Fraktion vom Stadtverordnetenvorsteher in rechtswidriger Verweise verwehrt und diesem Umstand auch nach Protest und Verweis auf die konkreten Regelungen der Geschäftsordnung nicht abgeholfen.
Begründung:
Die Geschäftsordnung der Stadt Heusenstamm vom 17.3.2017 sieht dazu vor, dass der Magistrat sowie jede Fraktion die Möglichkeit hat, eine (und nur eine) Antwort auf jede von Bürgern gestellte Frage zu geben. Dazu heißt es im § 17(4) (Satznummerierung hinzugefügt):
„( 1) Vor der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung werden vor Eintritt in die Tagesordnung jeweils maximal eine halbe Stunde Fragemöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger angeboten. (2) Die Frage müssen in die Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung gehören und von allgemeinem Interesse sein. (3) Die Fragen sollen so knapp gestellt werden, dass knappe und sachliche Antworten möglich sind. (5) Über die Zulässigkeit der Frage entscheidet der Stadtverordnetenvorsteher / die Stadtverordnetenvorsteherin.
(6) Von jeder Fraktion und Magistrat ist nur jeweils eine Antwort möglich.“
Daraus folgt:
a) Frage geht an die alle
Laut Satz 1 und Satz 2 gibt es für Bürger eine Fragemöglichkeit für Belange von allgemeinem Interesse, die in die Zuständigkeit der Stadtverordnetenversammlung fallen. Hier ist gerade nicht festgelegt, dass sich die Frage einseitig an den Magistrat richtet oder der Bürger verpflichtet wäre, festzulegen, von welchen Fraktionen oder Personen er konkret Antworten erwünscht. Es ist also schon durch diese Formulierung impliziert, dass sich die Frage an die gesamte Stadtverordnetenversammlung sowie den Magistrats richtet.
Alles andere würde auch dem Interesse des Bürgers widersprechen, der seine Fragen so erschöpfend, korrekt und sachlich wie möglich beantwortet haben möchte. Es spielt für ihn keine Rolle, von dem die Antworten gegeben werden und er erwartet, dass sich diejenigen selbstständig melden, die etwas zur Beantwortung seiner Frage beitragen können. Eine Festlegung durch den Bürger ist auch nicht möglich, da er nicht wissen kann, wer in der Lage ist, seine spontanen Fragen zu beantworten.
b) Antwortrecht für jede Fraktion und Magistrat
Satz 6 bestätigt dies noch einmal, denn hier wird klar geregelt, dass von „jeder Fraktion und Magistrat“ eine Antwort möglich ist. Das Wort „möglich“ ist hier offensichtlich so zu verstehen, dass jeder Fraktionen und dem Magistrat ein Recht eingeräumt wird, nämlich das Antwortrecht auf die Frage des Bürgers. Dieses Recht kann also jeder Fraktion oder dem Magistrat nach eigenem Ermessen uneingeschränkt wahrgenommen werden.
Das Wort „möglich“ bedeutet auch, dass nicht von jeder Fraktion und Magistrat eine Antwort gegeben werden muss, sondern die Angesprochenen auf ihr Recht verzichten können, wenn sie nichts zur Beantwortung der Frage beitragen können oder wollen.
Desweiteren ist zu anzumerken, dass im Satz 6 der Magistrat nicht als erstes sondern erst nach den Fraktionen genannt wird, was ein Hinweis darauf ist, dass das Antwortrecht der Fraktionen mindestens gleichwertig wie das des Magistrats, wenn nicht sogar höher, angesiedelt wurde.
Abwegig ist daher die vom Stadtverordnetenvorstehers vorgetragene Interpretation, das Wort „möglich“ würde ihm das Recht geben, frei zu entscheiden, wen er zu Wort kommen ließe und wen nicht. Da die Fraktionen und der Magistrat gleichberechtigt genannt sind (durch die Erstnennung sogar eher mit Tendenz zu den Fraktionen), und in der Geschäftsordnung kein solches Recht formuliert ist, gibt es dieses Recht auch nicht, zumal es in verfassungswidriger Weise dem Gleichbehandlungsgrundsatz Art. 3 Abs. 1 GG widersprechen würde. Wenn er einem der genannten Gruppen, nämlich dem Magistrat die „Möglichkeit“ gibt zu antworten, muss er dies auch allen anderen Genannten geben.
Das einzige Recht des Stadtverordnetenvorstehers ist, über die Zulässigkeit einer Frage an sich zu entscheiden, und dadurch ggf. überhaupt keine Antworten zu lassen, wobei auch hier strenge Maßstäbe anzulegen sind und eine willkürliche Erklärung der Unzulässigkeit ebenfalls rechtswidrig wäre.
c) Explizite Festlegung nach Diskussion im den Ältestenrat in 2017
Erschwerend kommt hinzu, dass der obige Satz 6 nach längerer Beratung im Ältestenrat genau zum Thema, wer antworten darf und wer das bestimmt, so gewählt wurde.
Im ersten Vorschlag fehlte nämlich die Formulierung, dass jede Fraktion ein eigenes Antwortrecht hat, so dass evtl. nur der Magistrat hätte antworten dürfen. Dies stieß nicht auf Einvernehmen, da von verschiedenen Fraktionen zum einen Einseitigkeit in der Beantwortung befürchtet wurde, zum anderen, evtl. andere Stadtverordnete genaueres Wissen haben könnten, das dem Magistrat durch fehlende Vorbereitungsmöglichkeit auf die spontane Frage des Bürgers nicht parat sein könnte.
Daher wurde einvernehmlich und einstimmig beschlossen, zusätzlich jeder Fraktion ein Antwortrecht zu geben. Um eine vorweggezogene Debatte zu verhindern und Antwortzeit im Sinne Aller zu begrenzen, wurde zusätzlich festgelegt, dass jede Fraktion und auch der Magistrat zu jeder Frage nur einmal antworten dürfen.
An dieser Diskussion haben alle Mitglieder des Ältestenrates, insbesondere alle Fraktionsvorsitzenden und sowie der Stadtverordnetenvorsteher und der Bürgermeister teilgenommen. Der Sinn und Zweck und die Bedeutung dieser Formulierung ist also allen, insbesondere dem Stadtverordnetenvorsteher, bekannt gewesen, so dass Behauptung, die Formulierung sei nicht eindeutig oder anderes zu verstehen, nur eine Schutzbehauptung sein kann.
2) Rechtswidrige Nichtbeachtung von Geschäftsordnungsanträgen
Nach § 23 (1) und (2) der Geschäftsordnung der Stvv. Heusenstamm können „Stadtverordnete jederzeit mit einem Antrag zur Geschäftsordnung durch Heben beider Hände melden“, der darauf abzielt, das weitere „Verfahren in der Stadtverordnetenversammlung“ zu regeln.
Der Antrag muss nach §23 (2) „unmittelbar nach Schluss eines Redebeitrags“ vorgetragen werden können.
Nachdem der Stadtverordnetenvorsteher, wie oben dargelegt, einseitig die Beantwortung der Fragen durch die Bürger nur an die eigene Partei in Person des Bürgermeisters weitergab und anderen Fraktionen eine Antwort verweigerte, meldete sich nicht nur der Stv. Carsten Härle (AfD) sondern auch der Stv. Dr. Benniger (FDP) mit einem Anträgen zur Geschäftsordnung, die vom Stadtverordnetenvorsteher unter Verstoß gegen § 23 (2) verweigert wurden.
3) Falsche Auskunft des Bürgermeisters und Verhinderung der Richtigstellung
Ein Bürger fragte, warum in der Neuplanung 2018 gegenüber der Planung aus 2017, der Gebäudekomplex auf Baufeld 6 durch die zusätzlichen Wintergärten noch näher an die Grundstücksgrenze herangerückt wurde.
Der Bürgermeister beantwortete diese Fragen so, dass er im Gegenteil darstellte, dass das Gebäude weiter von der Grundstücksgrenze abgerückt worden sei.
Diese Aussage ist nachweislich falsch (wobei hier kein Vorsatz unterstellt werden soll).
Tatsache ist: Abgerückt ist das Gebäude nur im Vergleich der Bauplanung 2017 gegenüber der Planung 2011, was aber nicht die Frage war. Im Vergleich 2018 zu 2017 ist das Gebäude bei Einbeziehung der Wintergärten im Gegenteil ein ganzes Stück näher an die Grundstücksgrenze herangerückt. Genau dies war auch in der Inhalt der Frage des Bürgers, bei der nicht nur der Vergleich „2017/2018“ sondern auch die erst seit „2018 geplanten Wintergärten“ erwähnt wurden.
Auch hier wurde rechtswidrig verhindert, dass der Stv. Härle auf den Fehler aufmerksam macht. Darüber hinaus hat er den Bürgermeister im Rahmen der Ältestenratssondersitzung während der Stvv. über seinen Fehler informiert und ihn aufgefordert, seine Aussage richtig zustellen, was leider unterblieben ist.
4) Weitere Mängel in der Sitzungsleitung
Weitere exemplarische Indizien für eine mangelnde Unparteilichkeit nach § 57 (4) HGO konnten in der Vergangenheit schon beobachtet werden:
a) Unterbrechung der ersten Rede des Stv. Härle 2016 nach ca. 3-4min mit dem Hinweis zum Ende zu kommen, nachdem zuvor ein CDU-Stv. ca . 15-20 min gesprochen hatte.
b) Am 23.11.17 stellte die AfD-Fraktion einen Antrag in Bezug auf die Feuerwehrsatzung und wartete darauf – wie allgemein üblich – zur Begründung des Antrags ans Rednerpult gebeten zu werden. Dies wurde vom Stadtverordnetenvorsteher unterlassen, um nach der Frage nach „weiteren Wortmeldungen“ nach wenigen Sekunden zu versuchen, direkt zur Abstimmung überzugehen, ohne dass der Antrag überhaupt vorgestellt wurde.
Auch hier wurde der Antrag zur Geschäftsordnung des Stv. Härle, bitte den üblichen Ablauf einzuhalten, dass ein Antrag zunächst vom Antragsteller begründet wird, zunächst nicht zugelassen, und dann abgelehnt mit der Behauptung, es hätte keine Wortmeldung gegeben. Der Stadtverordnetenvorsteher versuchte dann, die einzelne Teilsätze des Antrags als Abstimmungspunkte zu verlesen, was in dieser Form für die Stadtverordneten völlig unverständlich war.
Erst nach mehreren Interventionsversuchen, auch von anderen Stv., konnte der übliche Weg, dass ein Antrag immer zunächst von der antragstellenden Fraktion begründet wird, durchgesetzt werden.
Ein weitere kritikwürdiger Umstand ist, dass sich mehrere Stadtverordneten beschwerten, den Antrag nicht vorliegen zu haben. Statt nun darauf zu verweisen, dass ca. 30 Kopien des Antrags vorne auslagen und sich jeder einen hätte holen können, oder den Antrag zuvor an die Tische zu verteilen, wurde dieser Umstand verschwiegen und darauf verwiesen, dass die Stv. (gefälligst) ihre Mails lesen sollten.
Diese Art von Vorgehen trägt nicht zur effektiven und Förderung Arbeit der Stadtverordnetenversammlung bei, und ist damit auch nicht im Geiste des HGO § 57 (2), wo es heißt: „Der Vorsitzende fördert die Arbeiten der Gemeindevertretung gerecht und unparteiisch“.
c) In einer anderen Sitzung wollte der Stadtverordnetenvorsteher dem Antragsteller der AfD eine zweite Äußerung zu seinem eigenen Antrag nicht gewähren, der er bereits gesprochen habe. Hierzu ist festzustellen, dass die Geschäftsordnung § 22 (5) explizit ein bis zu zweimaliges Sprechen eines jeden Stv. vorsieht und darüber hinaus weitere Äußerungen:
i) „Die Begründung des Antrags“
iI) „das Schlusswort unmittelbar vor der Abstimmung“
III) „Fragen zur Klärung von Zweifeln“
iV) „persönliche Erwiderungen“
Auch hier wurde in einseitiger Weise nicht nur von den üblichen Abläufen bei anderen Fraktionen abgewichen, sondern auch versucht, entgegen der Geschäftsordnung das Rederecht des Antragstellers rechtswidrig zu beschneiden.
d) Es fällt immer wieder auf, dass bei Redebeiträgen der AfD teilweise erheblich störende Zwischenrufe zugelassen werden, wobei es die oberste Pflicht des Stadtverordnetenvorstehers ist, eine geordnete Debatte sicherzustellen, bei der jeder nacheinander ungestört reden kann. Auch dies wird bei anderen Fraktionen nicht zugelassen und verstößt gegen das Gebot der Unparteilichkeit.
5) Rügung der Rechtsverstöße und mangelnden Unparteilichkeit
Es ist festzustellen, dass der Stadtverordnetenvorsteher hier in mehreren Fällen rechtswidrig gehandelt hat und seine nach § 57 (4) HGO vorgeschriebene Unparteilichkeit verletzt hat.
In einem freien und demokratischen Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland ist die unbedingte Einhaltung der rechtlichen Regeln, Gesetze und Geschäftsordnungen unabdingbar. Jeder Anschein der Parteilichkeit oder Rechtsverstoß besonders bei Amtspersonen untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat und ist zu unterbinden, wobei hier strenge Maßstäbe anzulegen sind.
Um für die Zukunft den ordnungsgemäßen Ablauf der Stadtverordnetenversammlung, die uneingeschränkte Unparteilichkeit und Neutralität der Sitzungsleitung sicherzustellen und Rechtsverstöße zu verhindern, beantragt die AfD-Fraktion das Aussprechen einer Rüge in Bezug auf die Sitzungsleitung des Stadtverordnetenvorstehers.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Härle
AfD-Fraktionsvorsitzender Heusentamm